Nutzergenerierte Inhalte wie Kommentare, Rezensionen oder Produktbewertungen sind zum festen Bestandteil des "Mitmach-Internet" geworden. Nie war es für Internetnutzer einfacher sich mit anderen Menschen zu vernetzen und direkte Rückmeldungen zu Produkten oder Dienstleistungen zu geben. Das soziale Netzwerk Facebook beispielsweise hat heute mehr 1,2 Milliarden Nutzer weltweit, mehr als 25 Millionen davon kommen allein aus Deutschland. Trotzdem scheint es für kleine und mittelständische Unternehmen oft noch schwierig, sich auf Social Media einzulassen.
Wettervorhersage Shitstorm
Einer der am häufigsten genannten Gründe: "Ich will das Unternehmen nicht ungerechtfertigter und unkontrollierbarer Kritik aussetzen!" Ein nachvollziehbares Argument, da kaum eine Woche vergeht in der nicht ein Politiker, ein Prominenter oder auch ein Unternehmen im Internet mit Gezeter und Geschrei an den Pranger der Netzgemeinde gestellt wird. Leider viel zu oft haben Shitstorms (das Wort hat mittlerweile sogar den Einzug in den Duden geschafft!) dabei banale, nicht selten schwer nachvollziehbare Gründe. Man denke an den Werbespot mit Dirk Nowitzki für eine Direktbank, in dem er eine Metzgerei in der Heimat besucht und – wie früher schon als Kind – eine Scheibe Wurst bekommt, damit er "groß und stark" wird. Nach Veröffentlichung des Werbespots brachen auf der Facebook-Seite der Direktbank äußerst kontrovers geführte, teilweise aggressive und beleidigende Diskussionen zwischen Vegetariern und Wurstessern aus, die sich nicht darüber einigen konnten, ob die Botschaft OK ist, dass eine Scheibe Wurst einen Menschen „groß und stark“ macht.
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Video: Dirk Nowitzki und die Wurst (Quelle: YouTube).
Zum Umgang mit Kritik
Gerade Shitstorms, über die mittlerweile auch in der Presse oft, gerne und ausführlich berichtet wird, führen aber dazu, dass kleine und mittelständische Unternehmen regelrecht Angst vor der Nutzung von Social Media haben. Dabei gilt: Zwar kann auch über kleine und mittelständische Unternehmen immer und unerwartet Kritik hereinbrechen. Aber: Die Wahrscheinlichkeit eines Shitstorms ist insgesamt gesehen doch sehr gering – insbesondere dann, wenn man als Unternehmen weiß, wie man mit Kritik im Netz umgeht – offen, transparent und vor allem konstruktiv. Die selbstverständlichen Grundsätze im Dialog mit den Nutzern: Höflich bleiben! Sachlich bleiben! Zeitnah reagieren! Problemlösung(en) ankündigen! Authentisch bleiben!
Keine gute Idee: Rückmeldungen löschen
Manche Unternehmen erliegen aber trotzdem immer wieder der Versuchung Kritik und negative Rückmeldungen einfach zu löschen. Dies ist aber nur dann eine Option, wenn gesetzlich klar definierte Grenzen überschritten werden, wenn es also z. B. um rassistische, diskriminierende oder beleidigende Rückmeldungen geht.
Löscht man dagegen einen vielleicht zwar unangenehmen eigentlich aber nicht zu beanstandenden Kommentar, dann besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer seine Rückmeldung zeitnah an anderer Stelle erneut publiziert und dann eventuell sogar deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt.
Tatsächlich gelingt der Versuch Informationen im Internet löschen zu wollen nur selten. Unfreiwillige Begriffsbegründerin dieses Effekts ist Barbra Streisand. Die berühmte Schauspielerin und Sängerin ging im Jahr 2003 juristisch gegen die Veröffentlichung von Luftaufnahmen ihres Anwesens in Kalifornien im Internet vor. Das Ergebnis: Eine breite Öffentlichkeit wurde durch den Prozess überhaupt erst auf die Bilder aufmerksam, woraufhin sich diese erst recht und völlig unkontrollierbar im Internet verbreiteten.
Was bringt Social Media?
Angesichts des zumindest gefühlten Damoklesschwert "Shitstorm" sind am Ende die für kleine und mittelständischen Unternehmen oft entscheidenden Fragen: Was bringt Social Media tatsächlich? Wie zahlt sich ein Engagement in Social Media aus?
Tatsächlich geraten viele Unternehmen, die schon Social Media einsetzen, bei Nachfragen zum Erfolg von Social Media Aktivitäten schnell in Bedrängnis. Der Grund: Die Darstellung des Erfolgs von Social Media Aktivitäten ist äußerst schwierig. Das Problem: Bekannte betriebswirtschaftliche Kennzahlen, wie z. B. der Return on Investment (ROI), lassen sich nicht direkt anwenden, da die Ermittlung der für die Berechnung benötigten Größen sehr schwer fällt. Bei der Berechnung des ROI müssen beispielsweise sowohl der Nutzen als auch die Kosten der untersuchten Investition quantifiziert und gegenübergestellt werden. Genau diese Quantifizierung fällt aber bei Social Media Aktivitäten schwer, wie ein genauerer Blick auf die Thematik zeigt.
Zunächst zum Nutzen. Die Rückführung von monetär spürbaren Geschäftstransaktionen auf Social Media Aktivitäten ist herausfordernd, insbesondere da im Social Media Bereich oft immaterielle Erfolge im Vordergrund stehen. Beispiele sind positive Kommentare bei Facebook, ein Anstieg der Follower bei Twitter oder möglichst viele Likes oder Shares für ein bestimmtes Posting. Zwar beeinflussen solche Ergebnisse den Bekanntheitsgrad eines Unternehmens, stärken das Markenbewusstsein (potentieller) Kunden, und liefern zudem wertvolle Informationen zur Zufriedenheit eigener Kunden. Aber: Ein finanzieller Nutzen ist nur sehr selten sofort und direkt zu erkennen. Anders gesagt: Ein unmittelbarer Einfluss auf den ROI ist kaum messbar.
Grundsätzlich ist aber nicht nur die Quantifizierung des Nutzens schwierig, sondern auch die Berechnung der mit Social Media Aktivitäten verbundenen Kosten. Insbesondere dann, wenn für entsprechende Aktivitäten keine eigenen zusätzlichen Ressourcen bereitgestellt werden, sondern nur intern vorhandene Kapazitäten eingesetzt oder umverteilt werden. Nicht jedes Unternehmen stellt gleich (s)einen Social Media Manager ein, dessen Aufwände sich recht genau quantifizieren lassen.
Lohnt es sich? Es lohnt sich!
Fällt die Berechnung klassischer betriebswirtschaftlicher Kennzahlen schwer, können zumindest Studienergebnisse zur Diskussion beitragen. So bestätigt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey [1]: Social Media lohnt sich für Unternehmen! In besagter Studie wurden gut 3.200 Unternehmen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Social Media Aktivitäten befragt. Das Ergebnis: Social Media Aktivitäten lohnen sich für die meisten Unternehmen auf vielfältige Art und Weise. Die externe, aber auch die interne Kommunikation können optimiert werden. Die Vernetzung mit Lieferanten, Partnern und natürlich auch (potentiellen) Kunden erlaubt die Gewinnung zusätzlicher Marktanteile. Das (allerdings zugegeben wenig konkrete) Gesamtfazit der Studie: Unternehmen mit Social Media Engagement können größere wirtschaftliche Vorteile realisieren als Unternehmen ohne entsprechende Aktivitäten.
[1] J. Bughin, M. Chui: „The rise of the networked enterprise: Web 2.0 finds its payday“, McKinsey Global Institute, 2010.
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Die Digitalisierung überrennt Gesellschaft, Unternehmen und jeden Einzelnen von uns mit unvorstellbarer Dynamik und Wucht. Während manche Auswirkungen in unserem Alltag sichtbar und spürbar sind, bleibt vieles andere vage und im Verborgenen. Das Bild eines Eisbergs beschreibt diese Situation treffend. Wir sehen v. a. das, was über der Wasseroberfläche zu erkennen ist. Das jedoch, was unterhalb des Wasserspiegels verbleibt, ist weitestgehend unbekanntes Land. Dieses unbekannte Land greift das Blog „Ereignishorizont Digitalisierung“ auf. Es geht um Neuland-Missverständnisse, Gar-Nicht-So-Weit-Weg-Zukunftsfantasien und What-the-Fuck-Momente. Sicher selektiv. Immer auch subjektiv! Besondere Zielgruppe sind Entscheider und Gestalter der Digitalisierung und Digitalen Transformation.
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